Persönliche Gedanken zum Tode von Hilde Schäfer am 01.06.2010

von Jürgen Walz, 1. Vorsitzender HHC Reutlingen 1930 e.V.

Was bleibt?

„Was bleibt“ ist eine Frage die man sich am Ende eines Lebens stellt.

Hilde Schäfer war zeitlebens eng mit dem Hohner-Handharmonika und Akkordeon Club Reutlingen verbunden. Bereits mit 13 Jahren war sie Mitglied im damals noch von Handharmonikas dominierten Orchester.

Ich habe Hilde Schäfer  kennengelernt als ich auch etwa in diesem Alter war. Sie war damals Chefin des Musikhaus Schäfer, insbesondere der damit verbundenen Akkordeon-Schule, und die Dirigentin des Orchesters, welches Sie mit strenger Hand leitete. Beides hatte Sie nach dem plötzlichen Tod Ihres Mannes Hans Schäfer übernommen. Wir jungen Akkordeon-Schüler fürchten uns gleichermaßen vor Ihrer Kritik an unserem Spiel, wie wir es erstrebten, ihr mit

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unserem  Spiel aufzufallen und ihr Lob zu erhalten. Es genügte ihre Anwesenheit um uns zumotivieren, immer besser zu werden.

Sie erzog uns zu Pünktlichkeit im Probebesuch und Disziplin im Üben. Exaktes Spiel, das „Aufeinander-Hören“ haben wir von ihr gelernt. Ihr Dirigat war charakteristisch, unter 100 Dirigenten würde ich es heute noch heraus erkennen.

Erst viel später habe ich begriffen, wie viel Stress und Nervenbelastung jeder Auftritt für Sie bedeutete, damals haben wir jungen Spieler davon nichts mitbekommen.

Das Feilen im Detail war eine Ihrer großen Stärken. Ihre Art ein Musikstück zu erarbeiten, die manchmal sehr direkte Ausdrucksweise, wenn etwas auch in einer fortgeschrittenen Probenphase entsprechend „unschön“ klang, war wirklich allen verständlich, Musik ist eben auch Emotion. Ich will an dieser Stelle nicht verschweigen, dass ich in meiner Orchesterarbeit in der Methodik manches noch heute verwende, wahrscheinlich sehe ich mich nicht zuletzt aufgrund Ihres Einflusses als Dirigent der alten Schule.

Das Nicht-Tolerieren von Faulheit und die Forderung und Förderung von Leistungsbereitschaft beispielsweise sind Merkmale die wir hier, ohne das dies je ausgesprochen oder als solches als Ziel definiert wurde, mit auf unseren Weg bekommen haben - nicht das schlechtes Werkzeug für die Entwicklung eines jungen Menschen.

Eine andere, nicht weniger prägende Seite lernte ich einige Jahre später kennen.

Hilde Schäfer war ein geselliger und lebensfroher Mensch. Nie werde ich die oft lange dauernden Theaterproben vergessen, die ich als 16-jähriger Laienschauspieler in der Theatergruppe des HHC erleben durfte. Das Musikhaus Schäfer und der HHC wurde damals, an dieser Stelle sei diese Formulierung erlaubt, zu einem Fels in der Brandung meiner eigenen Jugend.

Mit dem Tod von Hilde Schäfer, findet auch ein Abschnitt des eigenen Lebens einen  Abschluss. Trauer schließt auch diesen unwiederbringlichen Part ein. 

Was bleibt ist nicht nur Erinnerung.

Was bleibt ist der Dank an das letzte Mitglied der Gründergeneration unseres HHC.

Eine Generation, die selbstlos und oft unter großen Anstrengungen unsere Musik bekannt gemacht hat, die über die Dörfer zog,  zu einer Zeit als man das Fernsehen noch nicht kannte, dort Konzerte gab, Theater spielte, Handharmonika-, später Akkordeonvereine initiierte und jungen Menschen das eigene Musizieren beibrachte.

Unseren HHC würde es ohne unser Ehrenmitglied Hilde Schäfer so nicht geben. Es lässt sich heute nicht mehr feststellen, wie viele durch sie das Akkordeonspielen erlernten, es werden sicher einige Hundert sein.

Nicht viele Menschen können auf ein solches Lebenswerk zurückschauen.

Wir verneigen uns und werden in dieser Tradition unsere gemeinsame Musik, die Musik mit unserem Instrument, dem Akkordeon, weiterpflegen und entwickeln.

Hilde,

für uns ist es wirklich viel was bleibt.

Vielen Dank dafür.                                            Der rote Punkt